Die Struktur des Buches Exodus 1–18 und komplementär die Struktur der Rechtsperikope (Ex 12,1–13,16) bilden ein Vorbild für den Pascha–Ritus (Pascha–Seder). Das Pascha wurde jedes Jahr, in der Nacht am 15. Abib vom ganzen Israel zu Ehren des Herrn als Souverän Israels gefeiert. Paschafeiern ist eine jeweilige Vergegenwärtigung des vom Herrn mit Israel im Rahmen des ganzen Exodus geschlossenen Bundes, der in Ex 1–18, und besonders in vier Perikopen 6,2–11,10; 12,1–13,16; 13,17–14,31; 15,1–21 aufgezeichnet wurde.
Der Herr hat Israel aus Ägypten so ausgeführt, um gleichzeitig mit ihm einen Bund zu schließen, der nach 4–teiligem Zeremoniell altertümlicher Völker des Ostens verlief. |
Der erste grundsätzliche Schritt im Prozessverfahren des Bundesschlusses ist die Vorstellung seiner Kontrahenten, besonders des stärkeren von ihnen und seiner Verheißungen für den schwächeren Partner. Ähnlich ist es in erster Perikope (6,2–11,10) und im ersten Teil des Pascha–Seders, wo Gottes Majestät veranschaulicht wird. Gottes Größe offenbart sich in zehn wunderbaren Zeichen, die von Ihm durch die Vermittlung von Mose und Aaron in Ägypten vollbracht wurden, und vom Sederleiter auf jedem Platz des Liturgiefeierns in dieser heiligen Nacht bekannt gegeben wird.
Das Bundesrecht bildet in den Traktaten der altertümlichen Bündnisse das nächste Element nach der Vorstellung seiner Kontrahenten. Dieses Recht wird im Buch Exodus von Rechtsperikope (12,1–13,16) und im Pascha–Seder vom durch das Recht befohlene Mahl des Pascha–Lammes vertreten. In Hinsicht darauf, dass man gegenwärtig im Jerusalemer Tempel das Lamm nicht opfern kann, enthält Seder liturgische Ersatzakte, wobei die mit bitteren Kräutern verzehrte Matze zu einem ausdrucksvollen Zeichen wird. Es vergegenwärtigt den vom Herrn in Ägypten befohlenen Verzehr des Lammes, das gemeinsam mit Matze und Bitterkräutern gegessen wurde (vgl. Ex 12,8).
Es ist bemerkenswert, dass die in der Rechtsperikope enthaltene Auszugsbeschreibung der Israeliten aus Ägypten (Ex 12,34–39) der Erklärung von Zweckmäßigkeit des Pascha–Rechtes dient.
Selbst der Akt eines unwiderruflichen Bundesschlusses (–schneidens), aufgezeichnet in dritter Perikope (13,17–14,31), wird im dritten Teil des Pascha–Seders vergegenwärtigt: Verzehr vom ungesäuerten Afikoman und das Gebet um erlösenden Exodus; Türöffnung und Gebet um Zornausschüttung über Feinde des ausgehenden Volkes – sind Zeichen des vergegenwärtigten Durchgangs des Herrn und Seines Volkes durch die Wüste und zwischen den zerschnitten Hälften von Rahab, vom Schilfmeer. Der Akt des Bundesschlusses wird nach einer identischen Form vollbracht, wie der Bundesschluss des Herrn mit Abram (vgl. Gen 15,17f → klick bitte).
So wie nach dem Bundesschluss und dem Durchzug zwischen den Hälften des Schilfmeeres Israel eine Lobhymne zu Ehren Gottes, des Heilands (15,1–21), sang, so singt auch Israel im vierten Seder–Teil das große Hallel, indem es den Herrn, der Gott über alle Götter ist, und dessen Gnade für Israel unerforschlich ist, mit Psalmen 114–118; 136 und Liedern lobt.
Diese Hymne spielt gleichzeitig noch eine andere Rolle:
Die Formulierung „Ich nehme euch als mein Volk an und werde euer Gott sein“ ist mit Willenserklärung gleichbedeutend: „Ich will jetzt mit euch den Bund schließen“. Eben jetzt initiiert Gott das 4–teilige altertümliche Zeremoniell des Bundesschließens, dessen Zentralakt «des Schneidens» (des Schließens) der Durchzug Gottes und Israels zwischen den Gewässern des zerschnitten Schilfmeeres sein wird:
EIN Ex 6,6–8 6 und deshalb sag zu den Israeliten: ich bin Jahwe. Ich führe euch aus dem Frondienst für die Ägypter heraus und rette euch aus der Sklaverei. Ich erlöse euch mit hoch erhobenem Arm und durch ein gewaltiges Strafgericht über sie. 7 Ich nehme euch als mein Volk an und werde euer Gott sein. Und ihr sollt wissen, daß ich Jahwe bin, euer Gott, der euch aus dem Frondienst in Ägypten herausführt. 8 Ich führe euch in das Land, das ich Abraham, Isaak und Jakob unter Eid versprochen habe. Ich übergebe es euch als Eigentum, ich, der Herr.
VERWIRKLICHUNG DER BUNDESVERPFLICHTUNGEN
FOLGT SOFORT NACH DEM DURCHZUG
DURCH DAS SCHILFMEER
(die Beschreibung davon gibt es in Perikope 5, die der Perikope 2 symmetrisch ist;
in der letzten wurden Verpflichtungen Gottes beschrieben):
Gott hat schon das gegebene Versprechen erfüllt, obwohl Israel durch eigene Schuld erst nach vierzig Jahren das Land in vollem Umfang in Besitz nehmen wird. Das ist jetzt aber nicht wichtig: in der Hymne folgt schon jetzt eine volle Verwirklichung der Beschenkung und der Gabenempfang – auf Grund einer liturgischen Antizipation der Ereignisse, die historisch in vierzig Jahren in Erfüllung gehen werden:
EIN Ex 15,13–17 13 Du lenktest in deiner Güte das Volk, das du erlöst hast, du führtest sie machtvoll zu deiner heiligen Wohnung. 14 Als die Völker das hörten, erzitterten sie, die Philister packte das Schütteln. 15 Damals erschraken die Häuptlinge Edoms, die Mächtigen von Moab packte das Zittern, Kanaans Bewohner, sie alle verzagten. 16 Schrecken und Furcht überfiel sie, sie erstarrten zu Stein vor der Macht deines Arms, bis hindurchzog, o Herr, dein Volk, bis hindurchzog das Volk, das du erschufst. 17 Du brachtest sie hin und pflanztest sie ein auf dem Berg deines Erbes. Einen Ort, wo du thronst, Herr, hast du gemacht; ein Heiligtum, Herr, haben deine Hände gegründet.
Eben jetzt erkennt Israel in vollem Umfang seine Zugehörigkeit zu dem Herrn als seinem Gott an:
EIN Ex 15,1–2 ¹ Damals sang Mose mit den Israeliten dem Herrn dieses Lied; sie sagten: Ich singe dem Herrn ein Lied, denn er ist hoch und erhaben. Rosse und Wagen warf er ins Meer. ² Meine Stärke und mein Lied ist der Herr, er ist für mich zum Retter geworden. Er ist mein Gott, ihn will ich preisen; den Gott meines Vaters will ich rühmen.
EIN Ex 15,11 Wer ist wie du unter den Göttern, o Herr? Wer ist wie du gewaltig und heilig, gepriesen als furchtbar, Wunder vollbringend?
EIN Ex 15,18 Der Herr ist König für immer und ewig.
EIN Ex 12,27–28 27 dann sagt: Es ist das Pascha–Opfer zur Ehre des Herrn, der in Ägypten an den Häusern der Israeliten vorüberging, als er die Ägypter mit Unheil schlug, unsere Häuser aber verschonte. Das Volk verneigte sich und warf sich nieder. 28 Dann gingen die Israeliten und taten, was der Herr Mose und Aaron befohlen hatte. So machten sie es.
EIN Ex 12,50 Alle Israeliten taten, was der Herr Mose und Aaron aufgetragen hatte. So machten sie es.