DIE LITERARISCHE STRUKTUR
DES BUCHES EXODUS 1–18
und literarische Struktur
von altertümlichen hethitischen Traktaten
Einführung
Infolge der Untersuchungen wurde festgestellt, dass die Struktur von sechs aufeinander folgenden Perikopen (literarischen Elementen) des Buches Exodus 1–18 Anforderungen erfüllt, die von literarischen Schemas der auf Lehmtafeln entdeckten hethitischen Bündnistraktate auferlegt worden sind.
Bündnistraktate sind offizielle politische Dokumente, die von speziell für diese Aufgabe vorbereiteten Schriftstellern nach dem Bundesschluss zwischen zwei Staaten verfasst wurden. Diese Traktate wurden in Sanktuarien beider verbündeten Staaten aufbewahrt und sollten den Vertragschluss/Bundesschluss – in diesem Fall zwischen Hethitern und einem anderen Staat – beurkunden.
In der Zeit vom XVI bis XII Jh. vor Christus mussten alle Traktate sechs aufeinander folgende Teile haben, und zwar:
- Historischen Prolog, der Verdienste des stärkeren Kontrahenten gegenüber dem schwächeren in ihrer bisherigen Geschichte – also bis zum Tag, an dem sich beide trafen, zeigte. Das Ziel des Treffens war Aufnahme eines vierteiligen Zeremoniells des Bundesschlusses, was nach aufeinander folgenden Punkten: 2, 3, 4 und 5 verlaufen musste.
- Die Vorstellung der Kontrahenten, wobei die Majestät des Stärkeren und sein großzügiges Versprechen (z.B. der Beschenkung des Schwächeren mit der Erde) auf eine übertriebene östliche Art dargestellt wurden.
- Die Vorstellung des grundsätzlichen Bundesrechtes, das den schwächeren Partner an die Verpflichtung zur Untertänigkeit erinnerte (es wurde hier bestimmt, wie oft und wann der schwächere Kontrahent öffentlich den Bündnisvertrag vorlesen wird, um sich selbst und seine Untertänige an Verpflichtungen gegenüber dem stärkeren Partner zu erinnern.
- Die Aufnahme des bereits unwiderruflichen Aktes des Bundesschlusses (Bundesschneidens). Es wurde auf folgende Art realisiert: beide Kontrahenten gingen zwischen den in zwei Hälfte zerschlagenen Tieren; sie schritten über den mit ihrem Blut durchtränkten Boden, als ob sie durch eine Sphäre des Todes gingen – der Bund sollte nämlich unzertrennbar sein, «im Tod und Leben».
- Das Gedenken an das Ereignis des Bundesschlusses und an seine Beschlüsse; dabei wurde oft ein Erdhügel aufgeschüttet oder ein Baum gepflanzt und eine Hymne verfasst.
- Die Aufzeichnung der Rechte, die tägliche Verhältnisse zwischen den Partnern ordneten.
Äußere Elemente in literarischer Struktur des Dokuments (des Traktats) hefteten wie eine Klammer vier mittlere Elemente zusammen.
Mittlere Elemente dagegen waren nicht einzig und allein eine Frucht literarischer Begabung, sondern ein Bericht von tatsächlich durch beide Kontrahenten vollbrachter Zeremonie des Bundesschlusses. Dieser feierliche Akt war genau nach vier aufeinander folgenden Elementen: 2, 3, 4 und 5 geordnet, die nach einem damals allgemein verbindlichen politisch–religiösen Zeremoniell realisiert wurden.